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Neubau, Umbau & Sanierung

Kirchturm Mössingen-Talheim: Alles neu mit alten Materialien

Einweihung des sanierten Kirchturms am Sonntag, 15. Oktober ab 10 Uhr

Kirchturm Mössingen-Talheim: Alles neu mit alten Materialien

Der Kirchturm der Bergkirche in Talheim steht aktuell noch mit Gerüst. Bilder: Evangelisches Pfarramt Talheim

Nach monatelanger Stille ist endlich wieder das Geläut der Talheimer Bergkirche zu hören. „Wir und die Gemeinde freuen uns so sehr, dass die Glocken wieder läuten“, sagt Pfarrer Matthias Wagner. Laut Zeitplan sollte die Sanierung am kommenden Sonntag abgeschlossen werden. Durch das schwere Unwetter am 24. August dieses Jahres verzögerten sich die Arbeiten. Zudem beschädigte der Sturm das Dach des Kirchenschiffes, weshalb dies direkt im Anschluss saniert wird. Dennoch wird am kommenden Sonntag, 15. Oktober, sowohl die (fast fertige) Sanierung des Turms gefeiert als auch der 1150. Geburtstag der Kirche in Talheim. 

Ein Blick hinter die Kulisse

Die Bergkirche in Talheim ist in der Region ein beliebtes Wanderziel, und viele haben bei ihrem Besuch auch das Kirchenschiff von innen gesehen. Den Turm aber haben bisher nur wenige besichtigen können. Denn der Innenraum des Turmes und der Aufstieg zu den Glocken war ausschließlich über eine kleine Luke in der Decke vor der Sakristei erreichbar. „Der Aufstieg war immer sehr mühselig und ich war nun auch schon seit Jahren mit keinen Konfirmanden mehr zur Besichtigung im Turm“, erinnert sich Wagner. „Denn der Zugang war aus Sicherheitsgründen in den vergangenen Monaten vor der Sanierung gesperrt.“

Am vergangenen Freitag wurde nun in die Außenwand der Sakristei eine neue Tür als Außenzugang zum Turm eingebaut. Nach dem Gottesdienst können alle Gäste den Turm von innen besichtigen. „Das ist eine seltene Chance, auch mal einen Blick in das Innere zu werfen“, sagt Pfarrer Wagner, der die Predigt am Sonntag halten wird. Der Turm kann danach nur auf Anfrage besichtigt werden.

„Die Sanierung des Turms wurde seit etwa 2019 geplant - seitdem sind wir auch in Kontakt mit dem Denkmalschutz“, erinnert sich der Architekt Ernst-Martin Rempfer. Der Glockenstuhl hatte sich seit der letzten Renovierung im Jahr 1968 etwas geneigt, weshalb die Sanierung ursprünglich angedacht wurde. Um diese Schieflage zu beheben, haben die Handwerker die Glocken alle heruntergenommen. Dann ersetzten sie die alten Eisenjoche, die die Glocke am Glockenstuhl befestigten, durch neue Eichenjoche. „Die Eiche sorgt hier für viel besseren Klang“, erklärt Rempfer. Die Glocken wurden danach wieder am Glockenstuhl angebracht. Nun ist die Sanierung in den letzten Schritten: „Jetzt muss nur noch die Technik eingebaut werden. Bis dahin steuern wir das Läuten per Knopfdruck aus der Sakristei“, sagt Wagner.

Sobald das Gerüst abgebaut ist, können die Talheimer das Resultat der Sanierung in ihrer vollen Pracht sehen: „Optisch hat sich aber kaum etwas verändert am Turm. Das liegt auch daran, dass wir versucht haben, die gleichen Materialien wie damals zu nutzen und möglichst alles genauso zu erhalten“, erklärt Rempfer. Neu sind jedoch die gravierten Holztafeln der Spenderinnen und Spender, die im Inneren des Turms angebracht wurden.

Rücksicht auf Falke und Fledermaus

„Bei der Sanierung haben wir besonders auf die Bewohner des Turms geachtet“, sagt Wagner. Im Turm hauste ein Turmfalke, weshalb der Beginn der Bauarbeiten verzögert wurde, bis dessen Brutzeit vorbei war. „Wir haben dem Falken ein Ferienhaus, also eine kleine Holzkiste, auf dem Friedhof angebracht. Er hat aber nun auf der anderen Seite des Friedhofes sein Nest gebaut“, erzählt Wagner. Sobald der Turm fertig ist, hofft er, dass der Falke in seine alte Behausung einzieht. Zudem wurde auf die heimischen „Braune Langohr“-Fledermäuse Rücksicht genommen, die sich im Turm niedergelassen haben. „Im Gerüst ist immer eine Lücke offengeblieben, damit die Fledermäuse ohne Probleme rein- und rausfliegen können - das haben sie auch während der Sanierung beibehalten“, erinnert sich der Pfarrer.

Denkmal- und Umweltschutz

Im Rahmen des Denkmalschutzes wurden so viele natürliche Baumaterialien wie möglich verwendet: Instabile Balken wurden teilweise durch alte Eichenbalken ersetzt, die noch zur Verfügung standen, die Außenwand wurde mit einer Mineralfarbe angestrichen und die alten Schindeln wurden durch neue Lärchenschindel ersetzt. „Sogar das Gitter für den Schneefang wurde teilweise aus alten Rohren hergestellt“, sagt Wagner. Die Holzschalung unter den Schindeln war in einem so guten Zustand, dass hier kaum Sanierungen vorgenommen werden mussten“, sagt Rempfer.

Ein gelungener Abschluss

„In fünf bis sechs Wochen sollte die Sanierung abgeschlossen sein“, erklärt Rempfer. Danach wird direkt das Kirchenschiff außen saniert, da es wegen des Sturms eingerüstet werden musste. Später soll der Zugang zur Kirche vollständig barrierefrei umgebaut werden. „Nach der Sanierung ist vor der Sanierung“, lacht Pfarrer Wagner.

Auch wenn die Sanierung noch nicht vollständig abgeschlossen ist, möchte die Kirchengemeinde trotzdem jetzt schon den Gottesdienst feiern. Am kommenden Sonntag, den 15. Oktober, zwischen 10 und 15 Uhr ist die Feier geplant: „Mit diesem Gottesdienst soll allen gedankt werden, die bei dem Prozess dabei waren und sich dafür engagiert haben.“ Dafür wurde auch einiges geplant: „Der Gottesdienst wird sehr musikalisch, da sowohl der Musikverein Talheim als auch der Kirchenchor und die Orgel den Gottesdienst begleiten“, berichtet Wagner. Nach der Feier wird es Gulaschsuppe, Zwiebelkuchen, Kaffee und Kuchen geben und natürlich die Besichtigungen im Turm.

zuletzt aktualisiert: 16.10.2023